Huf - Schutz,  mal anders...

Zeigt her Eure Füße und ich sage Euch, wie gesund ihr seid!

Die Bedeutung der Hufe für den Gesamtorganismus des Pferdes ist etwas, das immer wieder in der Aufklärung der Pferdebesitzer betont werden sollte. Der Huf ist eben nicht nur ein fester Schuh, der Schutz vor äußeren Einflüssen gibt und aus totem Horn besteht, welchen man einfach mal mit aufgenagelten Eisen vor übermäßigem Abrieb schützen kann, wenn dieser zu stark scheint.


Das Gegenteil ist der Fall, denn die Hufe sind lebendige, sensible Sinnes- und Tastorgane, die dem Pferd Rückschlüsse über die Bodenbeschaffenheit geben. Dies macht sie auch zu einem wichtigen Element in der Bewegungskompetenz eines Pferdes. Der gesunde Huf lässt das Pferd den Boden fühlen, auf dem es läuft. Hierdurch kann es eine feine Abstimmung seiner Muskelarbeit und damit seiner Bewegungen vornehmen.

Ein Pferd, das nicht in optimaler Hufgesundheit ist, ist hingegen eigentlich „blind“ an den Füßen. Die Hufe werden diese Wahrnehmungsaufgabe nur schlecht oder gar nicht erfüllen können und damit den Pferdekörper auch höheren Verletzungsrisiken aussetzen.

Ebenso sorgt die Hornkapsel aber auch für eine Stoßdämpfung in den unteren Gliedmaßen. Ein gesunder Huf fängt 80% der Aufprallenergie ab und schützt die darüber liegenden Gewebe bis hoch zu den Lungen. Diese Stoßdämpfung wird gewährleistet durch den anatomischen Aufbau des Hufes sowie den sogenannten Hufmechanismus. Hierunter verstehen wir die Weitung der Hufkapsel vor allem im Bereich der Trachten. Ähnlich wie bei einem großen Gymnastikball, auf dem wir sitzen und hoch und runter wippen: Hoch und schmal, runter und weit. Dabei werden Teile der Huflederhaut komprimiert, andere gedehnt. Dies sichert dem Pferd auch die dritte, immens wichtige Aufgabe des Hufes: Mit Hilfe von Pump- und Sogwirkung wird der Blutumsatz im Huf, aber auch in den darüber liegenden Gliedmaßen, entscheidend beeinflusst.

Es ist so: Venen – also die Blutgefäße, die das Blut zum Herzen zurück transportieren – besitzen keinerlei Muskelfasern in ihrer Gefäßwand. Deshalb ist der venöse Rückfluss des Blutes aus der Peripherie des Körpers davon abhängig, daß die umliegende Muskulatur durch An- und Abspannen diesen Rückfluss erleichtert. Die Muskeln massieren quasi die Gefäße und helfen damit dem Herzen, den Blutkreislauf in Gang zu halten. Bei uns Menschen funktioniert das wunderbar, solange wir unsere Muskeln benutzen.


Nun hat das Pferd aber ein Problem, denn ab dem Karpalgelenk der Vorhand abwärts als auch ab dem Sprunggelenk der Hinterhand abwärts, sitzen im Pferdekörper keine Muskelfasern. Es laufen zwar noch Sehnen bis in die letzten knöchernen Strukturen, den Hufbeinen, aber diese funktionieren wie Bowdenzüge am Fahrrad – durch reine Zugübertragung. Wie soll denn nun also das Blut, welches zu den Hufen hingeführt wurde, gegen die Erdanziehungskraft auch noch, von dort unten wieder wegkommen? Durch die reine Sogwirkung des Herzens, welches beim Großpferd anderthalb Meter höher sitzt und pumpt? Armes Herz...


Glücklicherweise hat das Pferd seine „4 zusätzlichen Herzen“. Diese alte Bezeichnung der Hufe zeigt deutlich, wie wichtig ihr Hufmechanismus und ihre Pumpwirkung für den gesamten Blutkreislauf und damit auch für die Unterstützung und Entlastung des Herzens ist.


Die sichergestellte, gute Durchblutung lässt uns den letzten Punkt in der Aufzählung der Aufgaben des Hufes verstehen. Denn Hufe sind auch Ausscheidungsorgane.


Wie soll das gehen, kann man sich da fragen: Daß Leber und Niere Ausscheidungs- und Entgiftungorgane sind, wissen die meisten von uns; daß die Haut ebenfalls mit entgiftet und ausscheidet und selbst über die Lunge Stoffwechselendprodukte und damit auch belastende Substanzen aus dem Körper transportiert werden, ist auch nicht ganz unverständlich. Aber über die Hufe?


Ja, so ist es. Vorausgesetzt, der Huf kann richtig arbeiten und wird nicht daran gehindert. Bei Stoffwechselprozessen entstehen Abfälle; diese Stoffwechselendprodukte sind u.a. Proteinmoleküle, also Eiweißverbindungen, die der Körper loswerden muss. Dies geschieht, in dem diese Substanzen über die Blutbahnen in den Huf transportiert werden und dort zu Hornsubstanz umgebaut werden. Recycling nach Art von Mutter Natur!


Um all diesen Aufgaben gerecht werden zu können, ist es von immenser Bedeutung, daß der sogenannte Hufmechanismus nicht nur ermöglicht, sondern optimiert wird.


Machen wir uns nun klar, daß ein Hufeisen diesen Bewegungsspielraum der Hornkapsel massiv einschränkt oder gar komplett behindert. Bei vielen beschlagenen Pferden berührt nur noch der Tragrand oder die Wasserlinie wirklich den Boden, der Strahl hat kaum noch Kontakt. Bei Belastung des Hufes werden nun also nicht nur die Strukturen im Ungleichgewicht belastet, sondern die für den Gesamtorganismus existenzielle Dehnungsfähigkeit ist dieser lebendigen Struktur genommen. Vergessen wir nicht, was die Hornkapsel macht, wenn der sich der Huf in der Luft befindet: Sie zieht sich quasi zusammen und die Blutgefäße leeren sich. Und nun wird genau in diesem blutentleertem Zustand das Eisen angepasst und aufgenagelt. Mangeldurchblutung im beschlagenen Huf ist die logische, schmerzliche Folge.

 

Und wenn nun die Durchblutung so behindert ist, heißt das in der weiteren Folge, daß die Entgiftung des Körpers gestört, Leber und Niere überlastet sind; daß unser Pferd mit blinden Füssen und mangelnder Koordination durch sein Leben läuft und dabei zumeist noch Aufgaben höchster Sportlichkeit erfüllen soll – mit nur einem statt 5 Herzen.

 

Große Herzen haben sie, wenn sie uns dann noch klaglos tragen.


Wir sollten uns aber auch bitte vor Augen halten, daß es kein Garant für die Hufgesundheit ist, ein Pferd einfach irgendwie auf Barhufen leben zu lassen. Auch die Barhufbearbeitung muss Sorge tragen, daß der Hufmechanismus ungehindert und schmerzfrei stattfindet, damit unser Pferd Lust und Freude hat sich, zu bewegen. Und wir sind gefragt, unserem Pferd so viel Bewegung und Bewegungsanreize zu ermöglichen, wie nur irgend denkbar. Denn: stehend in einem Gefängnis, gerade etwas größer als der eigene Körper, nutzt dem Pferd die beste Hufbearbeitung nichts.


© 2015  Cornelia Klarholz

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Kommentare: 9
  • #1

    Rauch Walter (Dienstag, 27 Januar 2015 14:42)

    Sollte jeder lesen der Pferde hat und noch Hufeisen benutzt

  • #2

    Claudia Baldauf-Jung (Dienstag, 27 Januar 2015)

    dem kann ich nur beipflichten! Wie manche Pferde beschlagen sind oder immer noch werden ist in meinen Augen grenzwertig, aber Hauptsache das "Sportgerät" funktioniert......

  • #3

    julia (Dienstag, 27 Januar 2015 18:19)

    ich würde gern eine wissenschaftliche Untersuchung dazu lesen,oder zumindest einen Verweis dorthin, inwieweit der Hufmechanismus, die Pumpfunktion, und der Tastsinn tatsächlich beeinträchtigt sind. Ansonsten bleiben es auch nur Behauptungen, und einfach nur Behauptungen zu schreiben, ohne Nachweis finde ich problematisch. Sicher ich bin auch kein Freund von Hufeisen, aber ich sehe so viele Pferde Barhuf laufen mit ständigen Schmerzen, chronischen Lederhautentzündungen usw. das ist Tierschutz widrig! Man muss schon immer differenziert die Gesamtsituation des Pferdes betrachten!

  • #4

    Claudia Baldauf-Jung (Mittwoch, 28 Januar 2015 09:43)

    Nur zur Info, es gibt mittlerweile genug Studien die belegen, dass dies so ist. In Zeiten des Internets dürfte dies kein Problem darstellen
    http://pferdekosmos.de/wp-content/uploads/2013/07/35ArgumenteBarhufalt.jpg

  • #5

    CK (Donnerstag, 29 Januar 2015 09:19)

    Danke, Frau Baldauf-Jung, für den Hinweis! Ich nenne an diser Stelle nur die Literatur von Strasser; so umstritten ihre Konsequenzen für den Trim aus ihren Erkenntnissen sein mögen: Die Ergebnisse ihrer Studien sind unumstritten.
    Desweiteren verweise ich kurz auf sehr anschauliches Material von Good Ove Lind, Swedish Hoof School.
    https://www.youtube.com/watch?v=df1w7dUoATM

  • #6

    Heike Bester-Dassler (Freitag, 06 Februar 2015 10:37)

    Ich bin absolut dafür Pferde wenn es geht barhuf laufen zu lassen, allerdings muß dann auch die Haltungsform auf unterschiedlichen Böden, die passende Hufbearbeitung ohne alle 6 - 8 Wochen extremen Kürzens und die Nutzung entsprechend angepasst sein. Für meine Pferde habe ich das optimal in Eigenregie realisieren können, allerdings wird das nicht für jedes Pferd möglich sein. Für Ausritte nutze ich als Hufschutz Hufschuhe. http://www.bester-rideart.com/barfusspferde-ohne-beschlag-reiten/

  • #7

    Eddi (Samstag, 07 Februar 2015 12:37)

    Schöner Artikel.
    Einzig die Behauptung, dass der Huf als "Ausscheidungsorgan" für "überflüssige Proteine" dargestellt wird, stört mich. immerhin MUSS jede Menge Protein zur Produktion von Hornsubstanz zur Verfügung gestellt werden. Für mich ist das kein Abfall, sondern Grundlage.

  • #8

    yvonne banduch (Samstag, 07 Februar 2015 20:53)

    Dem kann ich nur zustimmen. Meine pferde bekommen auch keine Eisen. Der gesunde huf ist sehr wichtig würde es nie wieder anders machen.

  • #9

    c. höger (Mittwoch, 11 Februar 2015 22:02)

    Viele Fachinfos zum Thema Barhuf, Falldokumentationen, ein Forum etc. http://dhgev.de/